Wanderung durch die Seealpen (08.09. bis 18.09.2013)



Inhalt:

  1. Vorbereitungen
    1. Wohin?
    2. Ausrüstung
    3. Verpflegung
    4. Organisation
  2. Die Wanderung
    1. Überblick
    2. Die Anreise von Hanau nach Cuneo(08.09.2013)
    3. Tag 1 – Von Terme di Valdieri zur Refugio Remondino (09.09.2013)
    4. Tag 2 – Von der Refugio Remondino zur Refugio Soria Ellena (10.09.2013)
    5. Tag 3 – Von der Refugio Sora Ellena zur Refuge de Nice (11.09.2013)
    6. Tag 4 – Von der Refuge de Nice ins Tal bei der Refuge Valmasque (12.09.2013)
    7. Tag 5 – Vom Tal bei der Refuge Valmasque bis zum Vallon de la minière (13.09.2013)
    8. Tag 6 – Vom Vallon de la minière zum Camp d'argent (14.09.2013)
    9. Tag 7 – Vom Camp d'argent nach Sospel(15.09.2013)
    10. Tag 8 – Von Sospel nach Menton (16.09.2013)
    11. Ausflug nach Monaco – (17.09.2013)
    12. Rückfahrt von Menton nach Hanau – (18.09.2013)



I. Vorbereitungen

I.1. Wohin?


Nach der Fahrradtour im Frühjahr, wollten wir uns im Herbst wieder zu Fuß auf den Weg machen. Dabei stellt sich die Frage ... „Wo soll es diesmal hingehen?". Im Jahr 2012 haben wir ja einen Trip durch die Pyrenäen gemacht. Zunächst gab es daher die Überlegung wieder dort hin zu fahren und diesmal einfach eine Tour direkt zum Atlantik zu machen. Irgendwie war ich davon aber nicht so richtig überzeugt. Die zweite Idee war nach Portugal zu fahren und dort ein wenig umher zu wandern. Das haben wir aber ebenfalls rasch wieder verworfen.

Stattdessen festigte sich ein Ziel, dass wir schon bei unserer Fahrradtour durch die Provence ins Auge gefasst hatten: Die Seealpen. Beim Lesen von Berichten und Reiseführern wurden diese nämlich zum Teil schon erwähnt. Vor allem der Hinweis, dass diese Gegend noch nicht so weit bekannt ist, fanden wir doch sehr reizvoll. Zudem wurde auf eine sehr abwechslungsreiche Natur hingewiesen. Die endgültige Überzeugung brachte aber die Möglichkeit, die Tour am Mittelmeer enden zu lassen. Schon der Gedanke auf der letzten Etappe mit Blick auf das Mittelmeer den Berg hinab zu steigen, erschien uns sehr erstrebenswert.

Nachdem wir nach Anreisemöglichkeiten geschaut hatten und sich die komplette Reise problemlos mit Zug machen ließ, stand der Entschluss fest: Die Seealpen sollten unser diesjähriges Wanderziel sein!

I.2. Ausrüstung


Bei der letzten Wandertour durch die Pyrenäen hatten wir uns ja mit reichlich Outdoorequipment eingedeckt. Daher brauchten wir auch nichts groß nachkaufen, außer Batterien und ein paar kleinere Utensilien. Zwar war die Last auf dem Rücken nicht immer angenehm, aber trotzdem haben wir uns auch bei der Seealpentour dazu entschieden komplett mobil zu bleiben. Das Gefühl seine ganze Unterkunft dabei zu haben und frei in der Entscheidung zu sein wo und wann übernachtet werden soll, lies sich durch kein Gegenargument entkräften.

Also packten wir wieder unser Zelt, die beiden Schlafsäcke und Isomatten sowie Hygieneartikel und Kochutensilien in unsere beiden Rucksäcke. Natürlich brauchten wir auch ein Mindestmaß an Sachen, die wir auf der Tour in Abhängigkeit von der Witterung tragen konnten. Dabei haben wir noch mehr darauf geachtet, nur das allernötigste mit zu nehmen. So lag das endgültige Gewicht sogar noch etwas unter dem der vergangenen Tour.

Eine Übersicht, welches Outdoorequipment uns auf der Seealpentour begleitet hat, findet man auf der Tourenbeschreibung 2012 unter: Unsere Pyrenäentour

I.3. Verpflegung


Was wir diesmal alles mitgenommen haben, findet man zusammengefasst in dem folgenden Excel-Dokument: Verpflegung Für das Frühstück haben wir erneut auf Haferflocken zurückgegriffen. 1760 g Haferflocken wurden auf acht Tüten verteilt (je 220 g). Dazu gab es gut 20 g Zucker und statt des Milchpulvers aus der ersten Tour haben wir stattdessen rund 15 g Kaffeeweißer hinzugefügt. Das ganze wurde dann in etwa 1 Liter aufgekochtes Wasser gegeben (da muss man etwas rumprobieren mit der Menge, je nach Konsistenz) und fertig ist das Frühstück. In einem weiteren Beutel haben wir noch löslichen Kaffee mitgenommen, sodass wir uns zur Mahlzeit auch noch eine Tasse heißen Kaffee teilen konnten.

Für das Abendbrot haben wir erneut auf die altbewährten Nudelspeisen zurückgegriffen, die man in Tüten mit verschiedenen Sorten in allen Supermärkten und Discountern kaufen kann. Für ein Abendessen für zwei Personen braucht man zwei Tüten. Damit es etwas abwechslungsreich ist, haben wir die folgenden Sorten gewählt: Pomodora-Mozzarella (2x), Schinken-Hörnli, Pasta-Bolognese, bunte Spiralnudeln, Parmesan, Cabonara und Penne-Mozzarella. Alles wurde natürlich wieder in kleine Tüten abgefüllt. Das lässt sich einfach besser packen. Die Pomodora sind die besten :-) Und auch so haben wir uns jeden Abend auf diese leckere und warme Mahlzeit gefreut. Damit war also auch schon das Abendessen gesichert.

Nun brauchten wir noch ein wenig Proviant für zwischendurch. Im Vordergrund standen dabei erneut Nüsse jeglicher Art: Studentenfutter, Paranüsse, Nuss-Variation, Macadamia, Erdnüsse und Cashews. Das lässt sich alles bei Aldi kaufen. Dazu kam dann noch Vitalgebäck, Obstriegel und die Tageshighlights ... Salamiwürste und Snickers. Während wir letzteres im Vergleich zur Pyrenäentour etwas abgebaut hatten, haben wir bei den Salamis noch etwas zugelegt. Nicht mitgenommen haben wir in diesem Jahr die Mundbrötchen, da diese nicht unbedingt nötig waren.

Einen genauen Überblick über die Verpflegung findet ihr in dem folgenden Excel-Dokument: Packliste. Insgesamt machten die Fressalien ein Gesamtgewicht von 10.1 kg aus und das war dann auch die Größenordnung um die sich das Gewicht der Rucksäcke vor und nach der Tour unterschieden hat. Damit hatten wir für die 8 Wandertage 40244 kcal dabei, was für jeden etwa 2500 kcal pro Tag bedeutete. Zusammen mit der Ausrüstung kamen wir damit auf anfänglich knapp 33 kg, wobei sich dazu noch das schwankende Gewicht des mitgeführten Trinkwassers (0 bis 2 kg) gesellte.
Die etwa 35 kg galt es also auf zwei Rucksäcke zu verteilen, was wir auch in Anbetracht von Geschlecht, Größe und Kräfteverhältnis gerecht vollzogen haben.

I.4. Organisation


Wie immer kann man nie genau im Vorfeld planen, wie eine Tour verläuft. Entsprechend haben wir wie gehabt nur die notwendigen Randwerte geplant. Dazu gehören neben An- und Abreise auch die Möglichkeit von Übernachtungen am Start- und Zielort.

Zunächst zur Anreise: Dafür gab es diverse Möglichkeiten. Nach längerem Überlegen und Abwägen von Vor- und Nachteilen, haben wir uns gegen eine Nachtfahrt und für die schnellste Verbindung entschlossen. Diese sollte uns von Frankfurt nach Zürich führen. Von dort ging es weiter nach Mailand, wo wir erneut den Zug wechseln mussten. Nach einem kurzen Aufenthalt steuerten wir dann Turin an, ehe es von da schließlich bis nach Cuneo ging. An diesem Ort war dann ein Zwischenaufenthalt mit Übernachtung eingeplant. Um am nächsten Tag zum Startort unserer Wanderung zu gelangen, sollte die letzte Etappe von Cuneo nach Terme di Valdieri noch mit dem Bus zurückgelegt werden. Dafür haben wir uns einen passenden Fahrplan aus dem Internet heraus gesucht (z.B.: hier).

Für die Rückfahrt hatten wir uns dann eine andere Strecke überlegt. Wir wollten über Frankreich zurückfahren. Beginnen sollte die Fahrt vom geplanten Zielort der achttägigen Wanderung ... Menton. Von diesem kleinen französischen Mittelmeerstädtchen, das an der Grenze zu Italien liegt, fährt ein TGV direkt nach Paris. Dort konnten wir dann nach kurzem Bahnhofwechsel mit der Paris-Frankfurt Verbindung wieder in das Rhein-Main-Gebiet reisen.

Wie man sieht, eine recht schöne und abwechslungsreiche Bahnreise, in die sich perfekt die Strecke einpasste, die wir zu Fuß zurücklegen wollten. Übernachtungsmöglichkeiten brauchten wir in Cuneo und Menton. Zunächst haben wir daher nach Zeltplätzen Ausschau gehalten. Leider gab es in der italienischen Stadt keinen gut gelegenen Campingplatz, sodass wir uns grob ein paar Unterkünfte raus geschrieben haben, wo es möglich war die Nacht zu verbringen.
In Menton war das schon besser. Neben einem privaten Campingplatz gab es auch einen städtischen. Aufgrund der Mittelmeerlage standen aber auch diverse Hotels von billig bis teuer zur Auswahl. Große Gedanken haben wir uns daher im Vorfeld nicht gemacht.

Für die komplette Tour haben wir 8 Tage anberaumt. Da man nie weiß, was mal passiert und wir es auch schon bei der letzten Tour als sehr beruhigend empfanden, haben wir uns auch diesmal wieder einen Puffertag eingebaut. Diesen konnten wir dann, wenn wir ihn nicht benötigen sollten, zu einer weiteren Erkundung des Zielortes nutzen. In unserem Fall wäre dies ein Besuch von Monaco gewesen.

Damit wir uns in den Bergen auch zurecht finden konnten hatten wir uns das Buch „Die Seealpen" von Werner Bätzing und Michael Kleider ausgeliehen (und später auch gekauft). Das Buch ist vom gleichen Verlag wie auch die Bücher über die Pyrenäen, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben. Da das ganze Buch zu schwer ist, haben wir uns nach Überlegung einer groben Wanderstrecke, die passenden Seiten klein herauskopiert. Das Buch hatte etwa A5-Größe, sodass weiter gut lesbar insgesamt 8 Seiten auf ein A4-Blatt (4 vorne, 4 hinten) passten. Für unser Navigationsgerät haben wir dann noch die passenden, frei verfügbaren Karten heruntergeladen. Da man damit aber nicht gut den Tag voraus planen kann, mussten wir uns noch ein paar Wanderkarten besorgen, die den Bereich unserer Wanderung gut abgedeckt haben. Für den italienischen Teil haben wir uns die Karte „Parco naturale delle Alpi Marittime" (1:25.000) von Blu Edizioni besorgt. Für die französische Seite kamen dann zwei Karten vom französischen „Institut geographique national" (IGN) zu Einsatz: „Vallée de la Roya" und „Vallée de la Vésubie" (1:25.000), die den Parc National du Mercantour gut abgedeckt haben. Für die Wanderung in Richtung Mittelmeer haben wir uns dann noch eine etwas gröbere Karte „Nice, Draguignan" (1:100.000) ebenfalls vom IGN besorgt. Damit waren wir bestens gerüstet und hatten auf der Tour auch keine größeren Probleme.

Nun noch ein paar Bildchen von den Vorbereitungen:



II. Die Wanderung

II.1. Überblick

Die gesamte Wanderung sollte acht Tage in Anspruch nehmen. Dabei haben wir uns zwar grobe Zwischenziele gesetzt, an verschiedenen Punkten gab es aber noch Variations- bzw. Erweiterungsmöglichkeiten, abhängig vom jeweiligen Zeitbudget.
Starten sollte die Tour am 09.September im italienischen Terme di Valdieri in den Bergen und enden am 16.September direkt am Mittelmeer in Menton. Für die Übernachtung sollte wenn möglich immer das Zelt genutzt werden, wir wussten aber auch wo sich diverse Berghütten befanden die im Falle des Falles angesteuert werden konnten.

Insgesamt haben wir in den acht Tagen 141.3 km zurückgelegt und sind dabei über 7965 m an- und 9312 m wieder abgestiegen.

Auf der folgenden Grafik seht ihr eine Zusammenfassung unserer kompletten Wandertour:



Nun folgt noch das komplette Höhenprofil:



II.2. Die Anreise von Hanau nach Cuneo (08.09.2013)

Für die Anreise haben wir uns einen Sonntag ausgesucht, damit wir den Tag zuvor alles in Ruhe packen und noch letzte Besorgungen machen konnten. Unser Zug fuhr um 06:50 Uhr am Frankfurter Hauptbahnhof los, den wir mit der Regionalbahn erreicht haben. Über Basel ging es zunächst zum ersten Zwischenstopp in Zürich, wo wir gegen 11 Uhr eingetroffen sind. Für unterwegs hatten wir uns ein paar Brote gemacht und auf dem Bahnhof noch zwei Kaffee besorgt.

Der Aufenthalt in Zürich war ausgesprochen kurz. Ganze 9 min hatten wir zur Verfügung, sodass wir schon bei der Planung der Reise etwas Bedenken gehabt haben. Es hat aber alles wunderbar funktioniert und so saßen wir schnell im Zug nach Milano. Die Tickets von Zürich nach Milano hatten wir uns übrigens über die Seite der SBB gekauft. Mit dem Eurocity brauchten wir 3h45 bis zur italienischen Großstadt. Allerdings empfanden wir den Zug ziemlich beengend und weniger komfortabel als einen ICE, sodass wir dann eigentlich ganz froh waren, wo wir wieder aussteigen konnten.

In Mailand hatten wie eine gute Stunde Aufenthalt. Zu kurz um in die Stadt zu gehen, aber auch zu lang um einfach nur am Bahnsteig rumzuhängen. So sind wir einfach ein bisschen rund um den Bahnhof herum gelaufen, der wirklich sehr beeindruckend ist. Riesige Hallen finden sich in dem pompös gebauten und verschmückten Steinbau. Ansonsten fiel uns sogleich ins Auge, dass insbesondere die italienischen Frauen extrem aufgetakelt herum liefen. Klar, das kann man auch bei uns beobachten, aber nicht in dieser Breite. Nachdem wir uns noch etwas umständlich einen Kaffee bei McDonalds besorgt hatten, ging es schließlich zum Bahnsteig und mit dem Zug nach Turin.

Die Fahrt dorthin nahm in einem deutlich angenehmer zu befahrenden Schnellzug der italienischen Tren Italia gerade einmal 1h in Anspruch. Von dort brauchten wir dann noch einmal 70 min bis nach Cuneo, dem vorläufigen Zielort. Beide Tickets haben wir direkt über die Seite von Tren Italia gebucht. Dazu haben auch ein paar Brocken italienisch und google.translate ausgereicht. Die italienische Bahn ist dabei im Vergleich deutlich günstiger als SBB oder DB. Das war im Übrigen auch das Ziel. Nach den schlechten Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr, wo wir überteuerte Tickets beim DB-Schalter erworben hatten, wollten wir es deutlich besser machen. Auch wenn wir keinen direkten Vergleich hatten ... ich denke, dass sich das durchaus gelohnt hat. Trotz ähnlicher Entfernung haben wir deutlich weniger Geld ausgegeben. Beispiel: Die Fahrt von Milano nach Cuneo hat uns für zwei Personen gerade einmal 38€ gekostet. Da bezahlt man als Einzelfahrer mehr, wenn man von Hanau nach Wiesbaden hin und zurück fährt.

In Cuneo angekommen sind wir relativ rasch auf ein deutsches Pärchen gestoßen, die schon ein paar Stunden vor uns in dem kleinen italienischen Städtchen angekommen waren und nun versucht haben mit dem Bus zu ihrem Wanderstartort zu gelangen. Ihre Wanderung sollte in einem anderen Tal starten, als wie wir es geplant hatten. Ihr großes Problem war aber, dass der Bus nicht kommen wollte. Da sie aber am Startort schon eine Unterkunft gebucht hatten, mussten Sie zwingend dort hin. Daher haben Sie sich dann ein Taxi genommen. Aus Angst, wie es denn bei uns am nächsten Tag aussehen würde, hatten wir kurz gezögert unseren Plan umzuschmeißen und mit den beiden mitzufahren, haben uns dann aber doch dagegen entschieden, unter anderem auch weil das Taxi 50€ kosten sollte.

Nachdem wir uns von den beiden verabschiedet hatten ... wir sollte sie nicht das letzte Mal gesehen haben ... machten wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Ganz so einfach, wie zunächst gedacht, ging das aber doch nicht. Die Pension, die wir eigentlich heraus gesucht hatten, ließ sich partout nicht auffinden und auch sonst sah es irgendwie mau aus. Tina hatte unterwegs noch Jemanden gefragt, der ein wenig Englisch konnte und uns versucht hat uns zu ein paar Unterkünften zu navigieren. So richtig hat das aber auch nicht geklappt. Letztendlich ist es uns dann aber doch noch gelungen die Straße zu finden, wo die zweite Unterkunft zu finden war, die auf unserem Zettel stand (wir hatten leider nirgends einen Stadtplan entdeckt, der uns bei unserer Suche unterstützen konnte). Als wir die Pension erreicht hatten, waren wir schon wieder fast am Bahnhof und somit war das natürlich ideal für den kommenden Tag.

Wir haben uns nach dem Einchecken nochmal im Stadtkern von Cuneo umgeschaut. Ein wirklich schönes kleines Städtchen, wo man sicher auch ideal und gemütlich einen Kaffee oder ein Bier hätte trinken können. Zeit dafür gab es aber nicht mehr und so ging dann auch ein langer und abwechslungsreicher Reisetag zu Ende.

Nun noch ein paar Bildchen von der Anreise:



II.3. Tag 1 – Von Terme di Valdieri zur Refugio Remondino (09.09.2013)

Heute sollte es nun also endlich losgehen mit der Wanderung. Um einen geeigneten Startpunkt zu haben, war es notwendig, dass wir mit dem Bus noch bis Terme die Valdieri fahren. Den Fahrplan dazu hatten wir uns wie gesagt aus dem Internet heraus gesucht. Dort war auch der Hinweis zu lesen, dass die Busse nur bis zum 10.09. noch ins Tal fahren. Da wir aber erst den 09.09. hatten, haben wir uns keine größeren Sorgen gemacht. Nach den Problemen des Pärchens am Vortag, waren wir dann aber doch ein wenig nervös.

Die Abfahrtszeit sollte 08:20 Uhr sein. Wir waren bestimmt schon 08 Uhr an der Haltestelle, damit wir ihn auch sicher nicht verpassen. An der Bushaltestelle war auch mächtig Betrieb und ein Bus nach dem anderen fuhr ein. Wir mussten dabei Ausschau nach den Benese-Bussen halten. Ein Bus nach dem anderen fuhr ein, darunter auch ein paar Benese-Busse, allerdings mit falschem Ziel. Die Zeit strich vorüber ... 08:10 ... 08:20 ... 08:30 ... na nun müsste er doch langsam mal kommen ... 08:40 ... die Nervosität stieg. So langsam begannen wir zu überlegen, was wir machen sollten. Bei allen Bussen, die anhielten, versuchten wir bei den Busfahrern eine Information zu ergattern. Das Problem war die Verständigung. Englisch konnte man gleich ganz vergessen ... bei einzelnen hatte man noch mit Französisch eine Chance.

Letztlich lief es darauf hinaus, das niemand wirklich was wusste. Unsere Bemühungen fielen offenbar auf und so sprach uns dann eine Dame an, der wir auf Französisch versuchten zu erklären, was das Problem ist. Sie ging daraufhin in die Bahnhofshalle und wollte dort am Schalter nachfragen. Als sie wieder hinaus kam, hatte sie einen Mann im Gepäck, der offenbar ebenfalls wandern wollte und dessen Wanderung am selben Punkt starten sollte wie unsere. Der Mann (Italiener) konnte auch ziemlich gut Französisch. Er hat erzählt, dass es schonmal passieren, das die Busse nicht mehr fahren, wenn die letzten beiden Fahrtage der Saison auf Mo + Di fallen. Da hat man sich wohl gedacht ... die zwei Tage lohnen auch nicht mehr.

Wir haben dann ausgemacht, dass wir zusammen mit einem Bus in Richtung Entracque fahren. Auf halber Strecke gab es eine Kreuzung, an der wir den Bus verlassen und per Trampen weiter kommen wollten. Dieser Bus kam dann tatsächlich auch. Genau in diesem Moment war aber der nette und schon etwas ältere Herr weg und hatte gerade bei einem anderen Bus beim Fahrer nachfragen wollen, wie es nun ausschaut. Einer von uns ist dann noch hingerannt und hat ihn geholt, während der andere den Bus aufgehalten hat. Nach so langem Warten ... es war mittlerweile schon bald 10 Uhr ... wurde es dann also doch nochmal richtig hektisch.

Wie geplant baten wir den Busfahrer an der Kreuzung kurz zu halten, sodass wir aussteigen konnten. Dort verabschiedeten wir uns von dem Mann, da wir getrennt bessere Chancen auf eine Mitfahrgelegenheit hatten, als wenn wir es zu dritt probiert hätten. Wir gingen voraus, sodass die erste Mitfahrgelegenheit für den Mann zur Verfügung stand, der uns dann in einem Auto überholte. Viele Autos fuhren nicht auf dieser Strecke und nachdem wir schon einige Misserfolge hatten und damit auch schon eine ganze Ecke gelaufen waren, klappte es dann tatsächlich. Ein Pärchen hatte genug Platz im Auto und nahm uns mit. Auch die beiden konnten Französisch und wollten zu unserem Glück auch bis nach Terme die Valdieri um dort die ... na ... genau, um die Therme zu besuchen. Während der Fahrt gab es ein bisschen Small-Talk und wir merkten, dass die Strecke über Santa Anna di Valdieri doch noch ziemlich lang war. Daher waren wir froh, dass wir nicht alles laufen mussten. Der netter ältere Herr hatte nicht so viel Glück ... wir überholten ihn, wie er wieder zu Fuß unterwegs war. Offenbar fuhr seine Mitfahrgelegenheit nicht so weit.

In Terme die Valdieri angekommen verabschiedeten wir uns von dem ebenfalls ziemlich netten Pärchen und machten uns an den Anstieg. Die Mittagszeit war mittlerweile erreicht und so war klar, dass wir keine Ewigkeit mehr wandern konnten, da im September die Sonne doch schon recht zeitig unterging. Bis 18 Uhr wollten wir eine Bleibe gefunden haben, damit wir ohne großen Stress alles aufbauen und unser Abendbrot machen konnten.

Unser Ziel war es bis zur Rifugio Regina Elena zu kommen, was uns auch gelingen sollte. Dabei wanderten wir durch ein breites Tal, Stück für Stück immer weiter bergauf. Das breite Tal wurde nach und nach enger und der Anstieg steiler. Zwischendurch gönnten wir uns die eine oder andere Pause um uns zu stärken oder Wasser aus dem nahegelegenen Bach zu holen.

Das Tal war wirklich traumhaft, das Wetter nahezu perfekt und die Aussichten grandios. Zur rechten Zeit erreichten wir die auf 1834 m Höhe gelegene Unterkunft Rifugio Regina Elena. Nach etwas Sorgen zu Tagesbeginn, war die Auftakttour also recht entspannt ... nicht wie vergangenes Jahr in den Pyrenäen :-)

Damit sind wir am ersten Tag insgesamt 1134 m aufgestiegen und haben dabei 10.7 km zurückgelegt. Die Zusammenfassung des Tages findet ihr in den folgenden beiden Bildern (inkl. Höhenprofil):





Und hier noch ein paar Bilder vom Wandertag:




II.4. Von der Refugio Remondino zur Refugio Soria Ellena (10.09.2013)

Am Dienstag standen wir noch etwas vor dem Sonnenaufgang auf. Sonnenaufgänge in den Bergen sind ja immer etwas ganz tolles, sodass wir beim Frühstück diesen auch genießen konnten. Leider hatten wir im Rücken einen hohen Berg, sodass wir nicht selbst von der Sonne profitieren konnten und es nicht so richtig warm werden wollte. Unser Zelt hatten wir etwas abseits von der Rifugio gestellt, direkt neben einen kleinen Teich. Das war recht praktisch ... konnten wir so nicht nur unsere Kleidung auswaschen (Strümpfe + Unterwäsche), sondern auch die Kochutensilien sauber machen.
Außerdem lagen See und Zelt auf einer kleinen Kuppe, sodass man uns nicht so einfach sehen konnte (Stichwort „Waschen").

Nachdem das Zelt abgebaut und alles gepackt war, ging es dann schon los. Zunächst mussten wir weiter aufsteigen. Bis auf rund 2900 m Höhe ging es nach oben, auf den Colle di Brocau. Dieser Bergrücken war gleichzeitig auch die höchste Erhebung des Tages. Der Aufstieg war recht steinig und auch die ersten kleineren Schneefelder konnten wir auf dem Weg nach oben sehen. Da zum Zeitpunkt unseres Aufstieges sich gleichzeitig mehrere große Gruppen auf den Weg gemacht hatten, war es zu Beginn etwas eng. Wir haben uns dann etwas Vorsprung verschafft, sodass es im weiteren Verlauf deutlich angenehmer zu laufen/klettern war. Ohnehin gab es keinen festen Weg, sondern man musste halt irgendwie von Markierung zu Markierung kommen. Dadurch entzerrte sich die Gruppe zusätzlich. Irgendwann gab es dann einen Abzweig, wobei offenbar nur wir nach rechts weitergegangen sind. Wir hatten nochmal einen grandiosen Blick auf die Refugio Remondino, die an einer Felskante stand und mit unserem Blickwinkel fast runter zu fallen schien.

Nach 400 Höhenmetern kamen wir schließlich oben an und genossen die Aussicht bei einem kleinen Snack.

Nachfolgend sind wir dann längere Zeit nach unten gelaufen. Bis auf 2000 m ging es hinunter, aber nicht, ohne zwischendrin noch zweimal kurz nach oben zu steigen (einmal 200 m, einmal 300 m). Auf dem Weg nach unten sahen wir mehrere Gruppen, die offenbar zum italienischen Bergclub gehörten und die Markierungen entlang der Strecke erneuert haben. Auch ein kurzer Plausch mit einer der Gruppen war möglich (Französisch). Auf unserem Weg nach unten haben wir mehrere große Schneefelder überqueren müssen. Das war doch etwas überraschend für uns. Wir hätten nicht gedacht, dass sich der Schnee aus dem vergangenen Winter über den gesamten Sommer hat halten können.

Der Abstieg war recht beschwerlich ... auch aufgrund der eingelagerten Anstieg haben wir 3.5 h dafür gebraucht (inkl. kurzer Trinkpausen). Zur Mittagszeit erreichten wir schließlich die Refugio Genova B. Figari. Diese Unterkunft lag auf einer Höhe von 2015 m positioniert zwischen zwei Seen. Der größere und tiefer gelegene See trug den Namen Bacino artificiale del Chiotas. Dabei handelt es sich um einen künstlich angelegten Stausee und einen der größten Reservoire Europas. Der kleinere der beiden Seen war natürlichen Ursprungs und hieß Lago Brocan.

An der Unterkunft machten wir eine größere Pausen – unsere Mittagspause. Die Füße schmerzten schon ziemlich und auch die ersten kleineren Blasen hatten sich gebildet. Dafür entschädigten lustige Dinge, die sich an der Refugio befanden, wie beispielsweise ein Kickertisch :-)

Nach der Pause ging es weiter ... es galt noch einen weiteren Bergrücken zu überqueren ... den Colle di Fenestrelle. Dazu mussten wir nochmal auf knapp 2500 m nach oben steigen. Im Rücken hatten wir den künstlichen See. Dabei konnte man immer wieder tolle lokale Windsysteme beobachten ... z.B. an der Kräuselung der Wasseroberfläche. Durch die Sonne hatten sich die Berghänge erhitzt. Zusammen mit der Feuchtezufuhr aus den Seen, waren die Aufwinde gut sichtbar. Es bildeten sich nämlich immer wieder wie aus dem Nichts Wolken, die die Berghänge nach oben krochen. Da sie damit auch das Sonnenlicht absorbierten, dauerte es nicht lange und die Wolken verschwanden wieder, ehe sich die Hänge erneut ausreichend erhitzt hatten. Ein Schauspiel, den man minutenlang zuschauen konnte.

Aber wir mussten ja noch über den Bergrücken und so ging es bald weiter. Nach einem anfänglich recht einfachen Aufstieg, wurde es bald steiniger und auch Schneefelder mussten wieder überquert werden. Am Wegesrand gab es auch immer wieder Steinböcke und Gämse zu sehen, die gemütlich am Wegesrand herum standen. Und wenn man irgendwo vorbei wollte, machten die Bergbewohner auch brav Platz. Das ist bei Kühen doch deutlich schwieriger.

Nach knapp 2 h war der Cole die Fenestrelle erreicht. Eine kurze Pause nutzen wir für den Blick über die Berge und zur Stärkung. Dafür hielten meist Dinge wir Snickers, Fruchtriegel oder einfach eine Salami her. Daneben waren Nüsse unser Haupternährungsmittel, die wir in allen möglichen Formen dabei hatten. Sei es als Studentenfutter, im Nussmix, gesalzen oder pur. Nüsse bringen einfach die meiste Energie und für 8 Tage kommt man damit schon mal klar.

Der nun noch folgende Abstieg war recht beschwerlich und zog sich lange hin. Man hatte ja immer das Tal im Blick und meinte zwischendrin, man würde überhaupt nicht weiter kommen. Aber es waren immerhin 700 m, die es abzusteigen galt und das kann sich auf einem anstrengenden mit Steinen übersäten Untergrund ganz schön hinziehen. Zudem waren wir bis zum Schluss nicht sicher, wie es um die Möglichkeit des Zeltens bestellt ist. Klar ... man sieht das Tal, aber manchmal weiß man nicht. Kleine Steine sieht man von der Entfernung oft nicht .... und wie schaut es mit der Wasserversorgung aus?

Nach 2h, gegen 18 Uhr kamen wir schließlich unten an ... schon reichlich spät. Die Unterkunft war auf einem kleinen Hügel gelegen. Wir haben dann unten an einem Bach nach ein wenig Suchen einen Platz finden können, der recht eben war und auf dem sich keine größeren Steine befanden. Das Zelt wurde schnell aufgebaut und beim Dunkelwerden haben wir unser Abendessen zu uns genommen. Dabei wurde es ziemlich neblig und die ganze Zeit bellte ein nerviger Hund von der Refugio oben. In der Hoffnung, dass der Hund auch über Nacht dort bleiben würde, gingen wir schließlich schlafen.

Insgesamt haben wir an diesem Tag knapp 18.1 km zurückgelegt. Dabei sind wir 962 m aufgestiegen und 1648 m wieder hinunter.



Das komplette Höhenprofil ist auf dem folgenden Bild zu sehen.



Natürlich gibt es auch wieder ein paar Bilder:




II.5. Tag 3 – Von der Refugio Sora Ellena zur Refuge de Nice (11.09.2013)

Die Blasen an meinen Füßen schmerzten schon etwas, als wir am dritten Morgen in den Bergen aufwachten. Die dicken Socken, die wir an hatten, rieben bei jedem Umdrehen daran. Das tägliche Frühstück stand auf dem Programm. Das bestand wie immer aus einem Beutel Haferflocken (+Zucker und Milchpulver) und wurde in einen Topf mit erhitzten Wasser gegeben und umgerührt. Dabei wurde etwas mehr Wasser als nötig gekocht um damit noch eine Tasse mit löslichem Kaffee zu befüllen. Beim Essen und Trinken mussten wir uns ran halten, denn beides kühlte recht fix ab und war dann nicht mehr so genießbar.

Frisch gestärkt starteten wir und verließen das Tal mit dem Namen Piano del Prajet in südliche Richtung. Der Aufstieg führte zum Colle di Finestra und damit auch zum Übergang auf die französische Seealpenseite. Der Anstieg war insgesamt deutlich angenehmer zu gehen als noch am Vortag. Einzig Kopfschmerzen machten mir zu schaffen, wobei der schwere Rucksack auf meinem Rücken nicht gerade förderlich war. Die Kopfschmerzen waren nämlich Spannungskopfschmerzen, die bei mir vom Nacken her kommen. Mit viel Trinken und kleineren Pausen mit Rucksackabsetzen, habe ich es auf dem Weg nach oben aber wieder in den Griff bekommen.

Der Bergrücken lag auf einer Höhe knapp unterhalb von 2500 m. Dabei liefen wir in eine Wolke hinein, die die Sichten doch arg einschränkte. Oben angekommen kam ein breites Gebäude zum Vorschein. Einem angebrachten Schild zu urteilen handelt es sich um ein Gebäude aus dem zweiten Weltkrieg, in dem unter anderem Juden zum Schutz vor antisemitischer Verfolgung untergebracht waren. Gerade in der nebligen Umhüllung doch recht unheimlich und man überlegte sich, wie das wohl damals gewesen ist. Waren die Leute Tage, Wochen, Monate ... gar Jahre hier oben? Auf der anderen Seite der Bergkuppe ...der französische Seite ... fanden sich dann mehrere Bunker, die getarnt waren. Dort hielt man wohl Aussicht nach möglichen Feinden von der französischen Talseite kommend. Diese Bunker sollten uns in den folgenden Tagen noch öfter begegnen. Ohnehin sind insbesondere die französischen Seealpen von Ruinen und Rückbleibseln aus dem zweiten Weltkrieg übersät.

Nach einer kurzen Pause ging es nach unten, in Richtung Madone de Fenestre ... ein kleiner Wallfahrtsort. Knapp 2 h benötigten wir für den Abstieg auf 1800 m. Dort erwartete uns ein kleines Dörfchen oder anders gesagt, ein paar Gebäude, die rund um die Kapelle mit der Madonnenskulptur gebaut waren. Dazu gehörte neben einem Souvenirlädchen und einem kleinen rathausähnlichen Gebäude, auch eine größere Unterkunft (Refuge Madone de Fenestre). Nach einem kleinen Einblick in die Kapelle, stand das Mittagessen auf der Tagesordnung. Das wurde begleitet von etwas Lärm durch Bauarbeiten. Man mag es kaum glauben, aber es war tatsächlich ein kleiner Bautrupp (2-3 Leute) da, die dort irgendwie die Straße reparierten.

Nun wurde es langsam kritisch ... Regen deutete sich an und wir waren nicht sicher, was wir machen sollten. Warten, mit dem Risiko, dass wir an diesem Tag nicht weiter vorwärts kommen ... oder eben versuchen den nächsten Berg zu überqueren. Nach einigem hin und her haben wir uns dazu entschieden weiter zu laufen, da es doch noch recht früh am Tage war. Der Weg führte über den Pas du Mont Colomb. Zu allem Überfluss bekam ich es auch wieder mit Kopfschmerzen zu tun. Aber es nutzte nichts ... die Entscheidung war gefallen.

Glücklicherweise waren wir nicht die einzigen, die sich auf den Weg gemacht hatten den Pass zu überqueren ... das gab uns ein Stück weit Sicherheit. Bald schon begann es zu regnen ... erst nur leicht, im weiteren Verlauf dann deutlich stärker. Wir mussten also unsere Regensachen anziehen. Jacke, Hose, Überzieher für die Schuhe und für den Rucksack. Spaß macht es in jedem Fall nicht in dieser Regenkluft zu laufen, aber es ist immer noch besser als durchweicht zu werden.

Der Weg war zunächst recht einfach zu gehen, wenn auch ziemlich steil. Im weiteren Verlauf mussten wir dann aber auch ein paar kleine Klettereinlagen bewältigen und es ging immer wieder über Geröllfelder hinweg. Auch kamen immer häufiger kleinere Schneefelder dazu. Schließlich erreichten wir den Pass mit einer Höhe von über 2500 m. Gut zweieinhalb Stunden hat uns der Aufstieg gekostet. Der Pass war letzten Endes nur ein schmaler Spalt zwischen links und rechts nach oben ragenden Berggipfeln. Viel Platz für eine Rast war entsprechend nicht gegeben, zumal es auf der Gegenseite steil hinab ging.

Eine kurze Pause mit Riegel und dann ging es auch schon wieder weiter. In den Regen hatten sich mittlerweile sogar ein paar Flocken gemischt. Wir stiegen zunächst sehr steil in den dichten Nebel ab, sodass wir schon bald nur noch wenig sehen konnten. Gleich zu Anfang gab es zudem einen kurzen Schreckmoment, als sich bei mir ein Stein löste, der in Richtung Tina flog (sie ging vorweg). Zum Glück kreuzten sich beide Wege nicht und es gab auch keinen Schrei aus dem Nebel, sodass klar war, dass unsere Vorläufer ebenfalls nichts abbekommen hatten. Glück gehabt!

Der weitere Weg war sehr beschwerlich. Nasse Geröllfelder mit größeren Lücken zwischen den einzelnen Steinen schraubten das potentielle Verletzungsrisiko deutlich nach oben, vor allem aufgrund des Überhanges am Rücken. Zudem war der Weg nur über Markierungen an den Steinen zu finden. Dies endete so manchmal in kleinen Suchaktionen bei den schlechten Sichten. Nach einer gefühlten Endlosigkeit in der man sich fragte wo man überhaupt lang läuft und ob man das Ziel überhaupt erreichen würde, verließen wir die Wolke und kamen schließlich im Tal an. Vor uns lag zunächst eine große Staumauer. Dahinter befand sich dann (passenderweise) der See der Wahnsinnigen (Lac de la Fous).

Den See mussten wir einmal umlaufen um zu der Réfuge de Nice zu kommen, die schon von der anderen Seite des Sees sichtbar war und erhaben auf einem Fels gelegen über den See thronte. Eine Weile haben wir überlegt, ob es Sinn macht im Zelt zu übernachten. Da unser Zelt ohnehin schon taunass gewesen ist und der Regen nach kurze Pause wieder einsetzte, haben wir uns entschieden in der Herberge zu nächtigen. Dabei hatten wir sogar noch Glück. Auf einer Höhe von 2232 m gelegen und mit 54 Betten ausgestattet, wurde es tatsächlich richtig eng und wir haben einen der letzten Übernachtungsplätze ergattert. Wir haben natürlich auch gleich das Abendessen mit dazu genommen.

Nachdem wir unsere Sachen abgelegt und uns kurz frisch gemacht hatten, war es dann auch schon so spät, dass das Abendessen anstand. Dabei handelte es sich um mehrere Gänge (Vorsuppe, Hauptspeise, Nachtisch). Zum Hauptgang gab es Nudeln mit Fleisch. Es ist nicht so, dass es super geschmeckt hätte, aber dennoch schienen wir wie zwei ausgehungerte Wilde, die auf Nachfrage einem Nachschlag gerne zustimmten ... ich meine he ... endlich mal eine vollwertige Mahlzeit.

Das Beste war aber, dass wir zwischen den ganzen Menschen doch tatsächlich zwei bekannte Gesichter entdeckten. Nun ... wer könnte das gewesen sein? Richtig, die zwei Deutschen, die wir in Cuneo an der Bushaltstelle getroffen hatten. Beide haben uns erzählt, dass sie vergebens auf den Bus gewartet hatten, aber aufgrund der gebuchten Unterkunft dann mit dem Taxi ins Tal gefahren sind. Ein recht teures Unterfangen ... wie gesagt, über 50 € hat der Spaß gekostet. Nachdem wir uns noch in wenig unterhalten hatten, ging es schließlich ins Bett ... wir waren doch ziemlich kaputt und müde. Vor allem die Wärme in der Hütte tat da ihr übriges.

Insgesamt sind wir an diesem Tag 16.8 km gelaufen und dabei 1566 m an- und 1135 m wieder abgestiegen. Es folgen nun ein Höhenprofil und der Streckenplan:




Hier nun noch ein paar ausgewählte Bilder vom Tag:




II.6. Tag 4 – Von der Refuge de Nice ins Tal bei der Refuge Valmasque (12.09.2013)

Es ist schon etwas anderes, wenn man im Zelt schläft und außer dem Rauschen des Baches maximal noch die Schlafgeräusche des Partners hört. In so einer Hütte bilden die verschiedensten Schnarchgeräuche fast schon so etwas wie ein Konzerterlebnis. Dabei lässt sich zwar wunderbar über die verschiedensten Arten des Schnarchens philosophieren ...mit Schlafen tut man sich allerdings recht schwer. Irgendwie haben wir aber die nächtlichen Stunden herum gebracht und waren zumindest etwas erholt, als es bei sonnigem Wetter auf die nächste Etappe ging.

Den Regen hatten wir hinter uns gelassen und so machten wir ersteinmal unser Frühstück, nachdem wir etwas von der Hütte weg gewesen sind. Im Anschluss ging es dann längere Zeit bergauf. Unser Ziel war der Baisse du Basto. Wir waren da sicher nicht einzigen, die diesen Weg gewählt hatten, denn wir konnten einige Leute während des Frühstücks beobachten, die diese Richtung wählten. Die umliegenden Berge hatten eine hauchdünne Schneeschicht, die im Laufe des Vormittages mit der Sonne bald wieder abschmolz. Sie zeigte aber, dass es bis gut 2000 m herunter geschneit hatte. Auch gab es auf kleineren Wasserlachen eine dünne Eisschicht. Mit dem nächtlichen Aufklaren ist es also zudem recht frisch geworden.

Es ging vorbei an kleineren Wasserfällen und am Lac Niré. Der Weg war deutlich einfacher zu gehen, als noch am Vortag. Dabei gab es vor allem zu Beginn auch längere flache Abschnitte, ehe es dann beim finalen Anstieg wieder steiler nach oben ging. Wir erreichten den auf 2693 m Höhe liegenden Bergrücken am späten Vormittag etwa gegen halb Elf. Dort gönnten wir uns eine 20 minütige Pause, ehe wir uns auf den Weg nach unten machten.

Beim Abstieg wurden wir von einem Jogger überholt. Dieser war kurzärmelig gekleidet und hatte eine kleine Hüfttasche und eine Flasche Wasser mit dabei ... sonst nix. Da rundherum nur Berge waren, fragten wir uns schon, wo er eigentlich herkam. Joggen im Hochgebirge ist schon eine äußerst sportliche Angelegenheit. Ich hätte aber bei dem Geröll ehrlich gesagt ziemlich Angst ständig umzuknicken. Das passierte mir schon bei langsamen Wandern immer wieder.

Nach gemächlichen 1.5 h kamen wir am Lac Basto an, einem von drei aneinander gereihten Seen. Hier stellte sich nun die Frage, wohin unsere Tour weitergehen sollte?! Entweder über den Baisse de Valmasque in das Vallée des Merveilles oder in die Gegenrichtung, vorbei an den drei Seen zur Refuge de Valmasque. Letzteres war eine Option, die uns nicht auf direktem Wege zum endgültigen Ziel führen würde, aber eine von mehreren Möglichkeiten, die wir uns offen gehalten haben, wenn die Zeit es zulässt. Da wir diesbezüglich gut im Plan lagen, entschieden wir uns für Option 2.

Ohne größere Probleme ging es zumeist auf Wegen (!) vorbei an den dem Lac du Basto, dem Lac Noir und dem Lax Vert, allesamt versehen mit einer Staumauer. Dabei ging es immer leicht bergab, von 2400 m bis auf 2200 m. An der Refuge Valmasque angekommen trafen wir ein paar alte Bekannte wieder, die wir auf der Hütte am Vorabend getroffen hatten. Wir unterhielten uns ein wenig darüber wo wir gestartet sind und wohin es weiter gehen sollte.

Diesmal war das Wetter besser und wir wollten wieder im Zelt schlafen. Also entschieden wir uns noch ein wenig weiter in das Tal abzusteigen und uns dort einen geeigneten Platz zu suchen. Wir setzten unsere Wanderung noch etwa anderthalb Stunden fort und suchen uns dann auf etwa 2000 m Höhe einen Platz aus. Dabei mussten wir in Weile schauen, dass wir einen Punkt fanden, der nicht nur eben ist (ich hasse es, wenn man beim Schlafen in eine Richtung abrutscht) und wo gleichzeitig auch die Heringe in den Boden gingen. Wir haben dann recht nah am Bach ein schönes Plätzchen gefunden, etwas abseits und geschützt von der Wanderstrecke. Nachdem wir unser Abendessen gegessen und alles eingerichtet hatten, mussten wir uns wie immer auch waschen. Gerade deswegen ist es überaus praktisch direkt am Bach zu sein. Das erspart unnötige Wege. Nach dem Waschen des Körpers wurden dann auch die Unterwäsche und Strümpfe gereinigt. Wir hatten da ja nur begrenzte Wechselkapazitäten, sodass diese Aktion jeden Tag von Nöten war. Auf der Wanderung wurden dann die ausgewaschenen Sachen außen an die Rucksäcke zum Trocknen gebaumelt.

Dann kam auch wieder die Dunkelheit über uns und wir machten uns auf den Weg in das Zelt, wo wir bald einschliefen.

Insgesamt haben wir am heutigen Tage 13.1 km zurückgelegt und sind dabei 653 m auf- und 923 m abgestiegen. Nach dem anstrengenden Vortag also wieder deutlich angenehmer. Es folgen der Streckenplan und das Höhenprofil:




Und selbstverständlich auch wieder ein paar Bilder:




II.7. Tag 5 – Vom Tal bei der Refuge Valmasque bis zum Vallon de la minière (13.09.2013)

Wie jeden Morgen ließen wir uns vom Wecker aufwecken. Die Zeit legten wir dabei meist so auf ein halbe Stunde vor Sonnenaufgang. Nachdem wir uns ein wenig wachgekuschelt hatten, ging es dann raus aus dem Zelt, wo uns schon die Morgendämmerung begrüßte. Als erstes stand das Frühstück auf der Tagesordnung, ehe die alltägliche Packaktion losging. Das Zelt musste ausgeräumt und in die Rucksäcke gepackt werden. Dann kam das Zelt dran, die Flaschen wurden gefüllt und die Sachen an die Rucksäcke gebaumelt. Eine Stunde musste man für die tägliche Packaktion mindestens einplanen und irgendwie hatte das jeden Tag etwas von Umzug ... immerhin trug man ja immer den gesamten Hausstand durch die Gegend.

Nachdem alles erledigt war, ging es schließlich los. Dabei liegen wir zunächst weiter bergab in Richtung Casterino. Kurz nach dem Loslaufen trafen wir wieder auf die Franzosen von der Hütte. Tina und ich hatten tags zuvor schon gewettet, ob wir die Leute wieder treffen würden. ? Beide Seiten hatten sich ob des Wiedersehens gefreut und nach einer kleinen Unterhaltung verabschiedet wir uns diesmal nun endgültig, da wir wussten, dass sich unsere Wege nicht wieder kreuzen würden. Aber immerhin 3 Tage unserer achttägigen Wanderung haben wir sie gesehen und das ist doch was.

Der Weg in das Tal (Vallon de Casterino) war wirklich sehr sehenswert und recht einfach zu gehen. Schließlich kamen wir an einem Parkplatz an, der offenbar Startort für viele Wandernde ist. Wenn wir hier noch etwas weiter geradeaus gelaufen wären, wären wir im Ort angekommen. Wir entschieden uns aber rechts abzubiegen und uns aus dem Tal heraus zu bewegen. Das Tal, was wir nun bergan stiegen hieß Vallon de Fontanalba. Zu unserer Rechten hatten wir den Berg Paracouerte (2385 m), der uns auch schon im anderen Tal begleitete. Wenn man so will kann man sagen, dass wir einmal um den Berg drum herum gelaufen sind.

Der Weg ging recht gemächlich bergauf. Für unsere Mittagspause haben wir uns einen Abzweig zu einem kleinen See ausgesucht ... dem Lac des Grenouilles (im Deutschen klingt das weniger spektakulär: Fröscheteich ?) Ein schöner und ruhiger Fleck, wo man wirklich ganz gemütlich essen und über die weitere Wanderstrecke reden konnte. Rechts vom See wurde sogar ein kleines Feld bewirtschaftet ... um die Jahreszeit war aber wohl niemand mehr da.

Nach einer knappen Stunde ging es weiter ... dabei haben wir zunächst kaum an Höhe gewonnen. Erst kurz bevor wir die Refuge de Fontanalba (2018 m) erreicht hatten, mussten wir wieder ansteigen. Die Herberge war privater Natur (vom Ski-Club ;-) Nizza betrieben), die zu dieser Zeit geschlossen war. Angeblich sollte sie 2014 nach Renovierung wieder öffnen. Aber irgendwie macht das Gebäude nicht wirklich den Anschein, dass sich dort in Sachen Renovierung etwas getan hat und man mochte zumindest Zweifel haben ob das bis 2014 geschehen ist (ein Blick ins Netz bestätigt dies auch ... die Herberge ist auch im Sommer 2014 geschlossen).

Nach einer kleinen Rast ging es weiter in Richtung Fontanalba, ein Gebiet mit riesigen Felsflächen, auf denen sich berühmte Felszeichnungen befanden. Es handelt sich um die zweitgrößte prähistorische Fundstelle in den gesamten Alpen. Insgesamt soll es 40.000 Felszeichnungen auf mehr als 4.000 Felsen geben (in einer Höhe von 2000 bis 2800 m). Datiert werden die Zeichnungen auf 3300 bis 1800 vor Christus. Eine besonders geschützte Zeichnung soll sogar von 8000 v.Chr. stammen und damit aus der Altsteinzeit.

Viel los war nicht, als wir das Gebiet in Fontanalba erreicht hatten (es gibt noch mehr Stätten in benachbarten Tälern). Wir folgten einen kleinen Rundweg, auf dem wir ein paar der Kritzeleien auf den Felsen sehen konnten. Beeindruckend, wenn man weiß, wie alt diese sind ... aber man sollte keine besonderen Zeichnungen erwarten. Eine kleine Touristengruppe war auch gerade mit einem Führer unterwegs, der ihnen erläuterte, was die einzelnen in Stein gekratzten Symbole bedeuten.

Mittlerweile hatten wir das Problem, dass wir schon lange Zeit keine geeignete Wasserstelle mehr gefunden hatten, um die Flaschen aufzufüllen. Wir machten uns besonders deswegen Sorgen, weil wir für den Abend zum Kochen noch Wasser benötigten und auf den noch verbleibenden Weg sich nicht wirklich eine Wasserstelle auf den Karte entdecken ließ. Es schien irgendwie alles ziemlich ausgetrocknet zu sein. Dann hatten wir aber Glück, schon das leise Rauschen von Wasser versetzte uns in Ekstase und tatsächlich gab es einen kleinen Bach, der ausreichend Fließgeschwindigkeit für das bedenkenlose Auffüllen unsere Wasservorräte aufwies. Ein wenig klettern durch ein paar Felsen musste ich zwar schon, aber man kam doch recht gut heran.

Nun waren wir diese Sorge los und konnten uns auf den Weg zu Baisse de Valaurette machen. Diesen Bergrücken mussten wir überqueren, um in das Vallon de la minière zu gelangen. Der Anstieg um knapp 200 m war kurz, aber steil. Oben angekommen gab es wieder eine alte Baracke aus dem zweiten Weltkrieg (sogar eine alte Toilette war dort zu finden ;-)). Auf der anderen Seite bot sich dann ein schöner Blick in das Tal und es ließen sich wieder die alten Abwehrposten entdecken, von wo aus man das Tal (bei guter Sicht) komplett im Blick hatte. Wir haben dann einen kleinen Abstecher zu einem dieser Posten gemacht. Wenn man sich diese Steinblöcke mit über 50 cm dicken Mauern und den kleinen Gucklöschern anschaute, war das schon irgendwie ein wenig gruselig und ließ einen zwangsläufig darüber nachdenken und diskutieren, wie das wohl damals gewesen ist.

Im Anschluss ging es nach unten ins Tal und dort wollten wir uns dann einen Platz zum Zelten suchen. Unten angekommen war die Frage ob wir in Richtung Gite d’étape gehen sollten oder schon ein Stück in die Richtung, die wir am nächsten Tag ohnehin einschlagen wollten. Das Bellen von Hunden ließ uns dann Option 2 ziehen. Nach einer Weile fanden wir dann schließlich einen Platz, der sicher nicht perfekt war, aber eine Übernachtung möglich machte. Wir waren wieder direkt an einem größeren Bach platziert. Die dort ansässigen Mücken gestalteten das Abendprogramm (Zelt aufbauen und bestücken, Abendessen und Waschen) zeitweise doch etwas nervig. Aber als die Sonne sich senkte, ließ auch die Aktivität der kleinen Blutsauger nach.

So gingen wir mit Einbruch der Dunkelheit in unser Schlafgemach. Insgesamt sind wir an diesem Tag 20.6 km gelaufen und dabei 864 m an- und 1158 m wieder abgestiegen. Unser Übernachtungsplatz lag auf etwa 1700 m Höhe.

Nun ein Streckenplan und das Höhenprofil:





Hier nun noch ein paar Bilder vom Tage:




II.8. Tag 6 – (14.09.2013Vom Vallon de la minière zum Camp d'argent (14.09.2013)

Noch drei Tage bis zu unserem Ziel in Menton direkt am Mittelmeer. So wurde der heutige Tag der erste, an dem wir uns so langsam in diese Richtung bewegen wollten. Bei der Refuge de Merveilles sollte es nach Süden gehen und von dort an auf mehr oder weniger direktem Wege zum Mittelmeer.

Zunächst mussten wir aber noch einen größeren Bergrücken überqueren. Unser Weg führt also zunächst ersteinmal bergauf. Dabei ging es zunächst durch den Wald, indem auch einige Kühe auf den Hängen unterwegs waren. Es ist immer wieder erstaunlich, auf welch steilem Gelände die Vierbeiner stehen und offenbar gemütlich vor sich hin fressen. Immer ein dummer Blick zu den zwei fremd wirkenden Gestalten mit Rucksack.

Der Anstieg war nicht sonderlich steil und man bewegt sich zumeist auf einem Weg, sodass die Strecke recht angenehm zu laufen war, auch als wir den Wald wieder verließen und bei bestem Sonnenschein unsere Wanderung fortsetzten. Etwa 5 km lang war der Weg bis zur Refuge de Merveilles, die auf einer Höhe von gut 2100 m lag, direkt am Lac Long Superior. Der Anstieg betrug also gut 500 m und wir brauchten knapp 2 h dafür. Dort angekommen haben wir ersteinmal eine Pause eingelegt. Die Herberge war gerade im Umbau begriffen und so war es ziemlich laut. Nach einer halben Stunde machten wir uns daher rasch wieder auf den Weg in stillere Gefilde.

Der Anstieg wurde nun deutlich steiler und ging zunehmend über Felsen. Dabei durften wir zunächst die Stöcke nicht benutzen, da es sich wieder um ein geschütztes Gebiet mit Felszeichnungen gehandelt hat. Etwaige Kritzeleien konnten wir aber nicht entdecken. Laufen ohne Stöcke ist um einiges anstrengender und ich habe sofort den Rücken gespürt. In diesem Moment wurde einem ersteinmal bewusst, wie wichtig es ist Wanderstöcke dabei zu haben.

Die weitere Strecke ging vorbei an einer Vielzahl von Seen (dem Lac Fourca, dem Lac du Trem, dem Lac de la Muta und schließlich den Lacs du Diable. Eine schöne uns interessante Strecke, wobei die Atmosphäre auch behilflich war. Über die Bergkette vor uns flossen dauerhaft Wolken, die sich dann beim Sturz in unser Tal in Wohlgefallen auflösten. Am Pas de Diable legten wir auf etwa 2400 m Höhe nochmal eine Pause ein. Von dort machte ich noch einen kleinen Abstecher auf einen Bergrücken von wo aus ich einen klasse Blick auf den zurückgelegten Weg werfen konnte. Der Blick war traumhaft und man konnte schön das Einfließen der Wolken vom benachbarten Tal beobachten. Ein herrliches Panorama.

Schließlich ging es aber weiter und der Blick in das Tal, wohin wir nun absteigen sollten versprach nichts Gutes. Es war alles dicht und unser Weg führte uns direkt in die Wolkendecke hinein. So wurden die Sichten immer schlechter und das Empfinden unangenehm kühl. Mit kürzeren ebenen Abschnitten führte der Weg ganz allmählich immer weiter bergab. Bei den ebenen Abschnitten, überquerten wir zumeist Bergrücken. Es ging über den Baisse de Cavaline (2107 m), den Col de Raus (1999 m) und den Baisse de St.Veran (1836 m).

Die Beschilderung schrieb uns immer wieder größere Fragezeichen ins Gesicht. Normal geht man davon aus, dass die Entfernung eines angegebenen Zieles von Schild zu Schild kürzer wird. Zumeist blieb es aber bei 3h und wurde sogar manchmal mehr. Man hatte das Gefühl, man würde dem Ziel überhaupt nicht näher kommen. Eine gefühlte Ewigkeit liefen wir ohne auf andere zweibeinige Lebewesen zu treffen. Ein Mann, der sich einige Zeit vorher auf den Weg bergab gemacht hatte, tauchte auch nicht wieder auf. Angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit und da wir keine Quellen mehr zum Auffüllen der Wasserflaschen hatten, machten wir uns so allmählich Gedanken über die bevorstehende Nacht. Das galt insbesondere in dem Moment, als wir von rund 1850 m nochmal um etwa 200 m nach oben steigen mussten.

Dann schließlich erblickten wir endlich Gebäude. Die Gebäude befanden sich in der Region, die mit dem Namen L’Authion bezeichnet wird. Der höchste Punkt hieß Pointe des trois communes. Dieser Ort war offensichtlich eine Touristenpunkt, der sicher eine gute Aussicht bot ... allerdings nicht an diesem Tage. Eine Reihe von alten Bauten, wohl aus dem zweiten Weltkrieg, waren hier zu sehen. Hier und da schauten wir umher und stärkten uns noch kurz. Lange hielten wir es aber nicht aus, da uns bekanntlich die Zeit im Nacken saß und wir aufgrund der weiteren Wegbeschreibung nicht so recht wussten, wo wir überhaupt ein Zelt aufbauen sollten.

Es ging weiter bergab, meist entlang einer Straße, bis wir auf 1750 m auf das sogenannte Camp d’argent trafen. Dort fanden sich mehrere Häuser und auch eine kleine Seilbahn. Offenbar wird die Region im Winter auch gerne zum Skifahren bzw. Rodeln genutzt. Dort befand sich auch eine kleine Herberge und gegenüber liegend eine Art Wiese. Wir fragten in der Herberge nach ob es möglich wäre dort zu zelten. Dies wurde offenbar häufiger gemacht und so hatten wir endlich eine Bleibe.

Wir besorgten uns noch etwas Wasser von der Herberge, da es weit und breit sonst keine Wasserquelle gab. Nachdem Abendessen liefen wir noch ein wenig im Abendlicht umher ... die Sonne hatte es tatsächlich nochmal geschafft, sich zu zeigen. Schließlich gingen wir zu Bett.

Der Tag brachte es auf eine Laufstrecke von 20.3 km. Es ging insgesamt 1131 m nach oben und 1052 m wieder hinab. Auf den folgenden beiden Bildern lassen sich die Strecke und das Höhenprofil nachvollziehen:





Und nun noch ein paar Bilder des Tages:




II.9. i.) Tag 7 – Vom Camp d'argent nach Sospel(15.09.2013)

Die Nacht konnte ich irgendwie nicht so recht schlafen. Man hatte ständig das Gefühl, draußen würde jemand herum laufen ... immer wieder raschelte es und man meinte Schritte zu hören. Ein extrem unschönes Gefühl ... jetzt weiß man, warum es gut ist, einen rauschenden Bach neben seinem Zelt zu haben. Obwohl wir so nah an der Zivilisation waren, wie bisher noch nie, fühlte man sich gleichzeitig so unsicher wie die ganze Tour nicht mehr.

Zum Morgen begann es dann auch noch zu regnen und das Aufstehen musste entsprechend nach hinten verschoben werden. Am Anfang war es ganz schön nochmal etwas Zeit zum kuscheln zu haben. Je weiter die Zeit fortschritt, desto mehr dachte man darüber nach, ob und wann man überhaupt starten könnte. Gerade im Zelt, liegend und nichts tuend, vergeht die Zeit nur sehr, sehr langsam. Wir organisierten dann unser Frühstück im Zelt bzw. Vorzelt, damit wir im Falle des Falles schnell aufbrechen und die Zelte abbrechen konnten.

Irgendwann hörte es dann tatsächlich auf zu regnen. Schnell nutzen wir die Zeit - die dunkleren Wolken bereits schon wieder im Blick - und packten unsere sieben Sachen. Zuletzt war das Zelt dran, das wir diesmal ziemlich nass einpacken mussten. Dann machten wir uns sogleich auf den Weg, bereits zum Teil mit Regensachen bekleidet. So schnell ging es dann aber doch nicht wieder mit dem Regen los, sodass wir rasch unheimlich ins Schwitzen gerieten ... also wieder zum Teil ausziehen. Bald schon war es dann aber soweit und die Regensachen mussten doch wieder angezogen werden. Mit Regensachen zu laufen ist äußerst unangenehm, da sie einfach nicht so atmungsaktiv sind.

Im stärker werdenden Regen liefen wir immer weiter auf nahezu ebener Strecke von etwa 1750 m Höhe. Nur einmal kurz ging es noch auf 1900 m hinauf. Die Wanderung verlief wenig spektakulär, insbesondere weil man aufgrund der Wolken/Nebel nur wenig bis gar nichts sah. So langsam war man des Laufens auch schon müde und man sehnte sich allmählich dem Ziel entgegen.

Auf unserem Weg kamen wir auch diesmal an Relikten aus dem zweiten Weltkrieg vorbei. So zum Beispiel einem alten Panzer. Dieser, so stand geschrieben, war an der Befreiung der Region l’Authion beteiligt und wurde dort am 60ten Jahrestag der Rückkehr der deportierten Bevölkerung von Moulinet hingestellt.

Der Regen ließ mit der Zeit langsam nach, dafür wurde der Nebel wieder dichter. Nur kurz deutete sich auch mal die Sonne an. Zumeist war es grau und die Sichten zum Teil richtig schlecht, sodass wir manchmal nicht mehr als 200 m schauen konnten. Zwischendrin hatte man das Gefühl man würde einsam und allein mitten im Nirgendwo laufen. Und dann ... plötzlich ... sausten rechts von uns drei Mountainbikefahrer vorbei und waren ebenso schnell wieder im Nebel verschwunden, wie sie auftauchten. Immerhin gab uns das die Hoffnung nicht ganz falsch zu sein. Und wenn sich der Blick in die Täler mal lichtete, dann sah man hin und wieder Häuser, was darauf hin deutete, dass wir dem Tagesziel Sospel Stück für Stück näher kamen.

Nach gut 12.5 km ging es dann auch deutlicher bergab ... der finale Abstieg war gekommen. Auf etwa halber Strecke trafen wir auf eine Art Bergmarathon. Offenbar fand am heutigen Tag ein Rennen von Sospel zu einem Col statt. Unser Wanderweg führt genau auf der Abwärtsstrecke des Laufes entlang. Das war schon ziemlich strange. Wir, bepackt mit Rücksäcken und in voller Wandermontur ließen uns von einzelnen Läufern überholen, die einen wesentlich kleineren Rucksack trugen. Irgendwie hatte man das Gefühl mit in den Lauf integriert zu sein. Dieses Gefühl stieg noch, als wir an einer Weggabelung auf einen Ordner trafen, der uns zeigen wollte, wo die Strecke weiter gehen sollte. Wir erklärten ihn dann erstmal, dass wir „aus dem Bergen kamen" ... man klang das bescheuert :-D

In der Ferne wurde der Donner mittlerweile immer lauter und wir sahen bereits die ersten Blitze zucken, als wir Sospel ganz allmählich erreichten. Wir beschleunigten unseren Gang, auch wenn die Füße schmerzten. Wir wollten nicht unbedingt im Gewitter laufen. So ganz haben wir es nicht mehr geschafft, aber als es dann so richtig losging, waren wir in Sospel eingetroffen und konnten uns ersteinmal unterstellen.

Vom Ordner wussten wir, dass es auch einen Zeltplatz im Ort gibt. Beim Warten auf eine Gewitterpause verging uns aber die Lust das klatschnasse Zelt wieder aufzubauen, vor allem weil durch den Gewitterguss die Böden ebenfalls recht durchnässt waren. Also entschieden wir uns für eine Unterkunft. Auf dem Navi haben wir bereits vorgepeilt, wo sich eine befindet. Als der Regen dann etwas nachließ machten wir uns auf den Weg. Wir haben dann auch ein schönes Zimmer finden können, dass zudem recht günstig war und hatten dabei Blick auf den Gebirgsfluss La Bevéra.

Große Teile von Sospel wurden im zweiten Weltkrieg durch die Bombardierung der Deutschen zerstört. Man wollte damit offenbar eine Zusammenarbeit des französischen Widerstandes mit den Italienern zu verhindern. Nach dem Krieg wurde die Stadt wieder aufgebaut. Über den Gebirgsfluss führte eine alte Brücke, die noch auf das 13. Jahrhundert zurückgeht und die beiden Stadteile von Sospel miteinander verbindet.

Ziemlich geschafft legten wir uns dann erst einmal auf ein Bett ... ein richtiges Bett ... das war ein Gefühl. Nach einem Abendessen und dem Ausbreiten diverser nasser Utensilien, liefen wir dann noch kurz durch Sospel und schauten schon einmal, wo der Weg am nächsten Tag weiter führen würde. Ein wirklich hübsches, kleines Städtchen war Sospel.

Nachdem Rundgang fielen wir dann frisch geduscht ... ein unglaubliches Gefühl ... zufrieden ins Bett.

Schlussendlich sind wir 22.8 km gelaufen und dabei etwa 484 m angestiegen, aber ganze 1884 m abgestiegen. Diesen langen Bergabweg spürte man auch deutlich in den Knien, etc. Hier nun die komplette Strecke und ein Höhenprofil:





Und ein paar Bildchen vom Tage:




II.10. Tag 8 – Von Sospel nach Menton (16.09.2013)

Nun war er also gekommen ... der letzte Tag unserer Wandertour. Heute sollte es von Sospel nach Menton gehen. Dabei freuten wir uns schon auf den Abstieg mit Blick auf das Mittelmeer. Die Nacht war sehr angenehm ... hatten wir doch ein schönes, weiche Bett unter uns.

Frisch erholt machten wir uns noch einem Frühstück also auf den Weg. Das Wetter war bestens ... nach dem Gewitter am Vorabend ließen wir uns auf den ersten Kilometern von der Sonne verwöhnen. Dazu mussten wir zunächst noch ein letztes Mal ansteigen. Von etwa 350 m Höhe ging es bis auf eine Höhe von 1150 m nach oben. Dabei kamen wir aufgrund der Sonne recht gut ins Schwitzen.

Auch wenn wir natürlich die vielen An- und Abstiege in den Knochen hatten, ging es am heutigen Tag etwas leichter, wussten wir doch, dass es die letzte Anstrengung sein würde. Es ging über den Col de Razet und zum „Le Grand Mont". Von dort gingen wir vorbei am Col du Trétore. Kurz haben wir überlegt, ob wir einen kleinen Abstecher dorthin machen sollten (1379 m), mit der Hoffnung auf eine tolle Sicht hinunter zum Mittelmeer. Dieser Umweg hätte aber nochmal einige Zeit gekostet und irgendwie hatten wir dann auch genug vom Ansteigen.

Das Mittelmeer konnte man aber mittlerweile schon erblicken. Bald nahm die Bewölkung wieder zu und die Bergspitzen hüllten sich erneut in Nebel. Die Berge blieben aber in den Seealpen, denn die Küstenstadt Menton zeichnete sich als sonniger Fleck ab. Es ging nun bis auf 750 m nach unten, ehe der endgültig letzte Anstieg bis auf etwa 1100 m folgte. An den Ruinen des alten Castellar machten wir dann unsere Mittagspause und hatten dabei einen wunderbaren Blick auf die vor uns liegende Landschaft.

Von nun an gab es nur noch eine Richtung ... nach unten. Obwohl wir Menton die ganze Zeit vor uns sahen, dauerte es gefühlt ein halbe Ewigkeit bis wir dort ankamen. Man hatte dauerhaft das Gefühl, dass man überhaupt nicht näher kommt und die holprigen Wege machten die Wanderung recht anstrengend, insbesondere, wenn man bedenkt, dass wir bereits am Vortag knapp 1900 m abgestiegen sind. Mit jedem Schritt spürte man die Knie ein wenig mehr. So verfielen wir in ein Trott, indem man einfach nur auf den nächsten Schritt achteten und wusste irgendwann ist man da.

So war es dann schließlich auch. Der GR52, auf dem wir die ganze Zeit gelaufen sind, endete direkt an der Strandpromenade von Menton, wo wir uns zunächst einmal auf einer Bank niederließen und überlegten, wo wir am besten übernachten sollten. Wir wussten, dass es zwei Zeltplätze geben muss ... es lächelte uns aber ein IBIS Hotel so nett an, dass wir dort nachgefragt haben, wie es bezüglich Übernachtung ausschaut ... es war jedoch schon alles belegt.

Also machten wir uns auf den Weg in Richtung Stadt. Die Altstadt war äußerst verwinkelt und es ging steil bergauf. Allerdings mussten wir noch eine Absenkung durchqueren und es war gar nicht so einfach zu wissen, wie man nun genau dorthin kommt, wo wir hin wollten. Also ging es runter und wieder hoch und irgendwann kamen wir auf die richtige Straße, die uns über einen Anstieg zum Zeltplatz führte. Dieser lag über der Stadt mit einem klasse Blick hinunter.

Völlig erschöpft erreichten wir schließlich unser Ziel. Nach dem Zeltaufbau und einem Abendessen gingen wir mit Einbruch der Dunkelheit zu Bett.

Die letzte Tagesetappe brachte nocheinmal 18.5 km (nur bis zur Strandpromenade) und wir sind dabei 1149 m angestiegen und 1504 m wieder hinunter. Die Strecke und das Höhenprofil folgen sogleich:




Und nun noch ein paar Bilder vom Tag:



II.11. Ausflug nach Monaco (17.09.2013)

Ohne Zeitdruck standen wir im Laufe des Vormittages auf und aßen gemütlich Frühstück. Im Anschluss ging es nach unten zum Busbahnhof, von wo aus wir den Bus in das benachbarte Monaco nahmen. Gerade einmal 1.50 € kostete die Fahrt, die etwas mehr als eine halbe Stunde dauerte.

In Monaco schlenderten wir gemütlich und ohne großes Gepäck durch die Straßen. Wir kamen dabei am großen Kasino vorbei, liefen ein Stück entlang der Formel1 Strecke und entlang der Strandpromenade. Schließlich ging es nach oben zur Residenz von Fürst Albert II ... der die Geschicke des Stadtstaates leitet. An allen Ecken merkte man, dass Monaco die Heimat oder zumindest ein Urlaubsort von vielen Reichen und Schönen ist. Unglaubliche Jachten, schnelle Autos und viel Schickimicki.

Zu Essen gab es endlich mal etwas anderes, als nur Nüsse. So kauften wir uns leckere Baguettes und Käse ... also das, was wir so Frankreich lieben. Der Tag war insgesamt wunderbar sonnig und angenehm warm. Beim Blick in die Berge, konnten wir aber sehen, dass sich dort wieder die alltäglichen Wolken breit gemacht haben.

Am späten Nachmittag ging es dann zurück nach Menton, wo wir noch einen längeren Strandspaziergang gemacht haben. Menton ist eine touristische, aber angenehme Stadt und nicht so abgehoben wie eben Monaco. Die Stadt liegt genau an der Grenze zu Italien. Einen Abstecher dorthin haben wir aber nicht noch gemacht.

So ging der erste entspannte Tag dahin und wir freuten uns schon auf die Heimreise.

Und nun noch ein paar Bilder vom Tag:



II.12. Rückreise von Menton nach Hanau(18.09.2013)

Erst zum Mittag sollte der TGV von Menton abfahren. So hatten wir ausreichend Zeit um zu Frühstücken und im Anschluss noch etwas Verpflegung für die Fahrt zu kaufen ... ihr könnt dreimal raten, was wir uns gekauft haben. Außerdem gab es zum gleich Essen noch zwei „Pain au chocolat". Dieses Blätterteiggebäck gefüllt mit Schokolade habe ich mir damals in Toulouse fast jeden Tag vom Bäcker geholt ... lecker!

Mit dem Zug fuhren wir noch längere Zeit entlang der Mittelmeerküste (über Nizza), ehe wir nach Norden in Richtung Paris abgebogen sind. Nach dem obligatorischen Bahnhofwechsel in der französischen Hauptstadt ging es weiter nach Frankfurt und schließlich Hanau.

Damit ging eine ereignisreiche, interessante, aber auch anstrengende Wandertour zu Ende. Es hat uns viel Freude gemacht und wir fanden die Seealpen auch abwechslungsreicher, als die Pyrenäen. Mal schauen, wo es uns das nächste Mal hintreibt...